Polarlichter fotografieren

In diesem Jahr hatte ich bereits viermal die Chance, in meiner Heimatstadt Aschersleben Polarlichter zu beobachten und zu fotografieren. In der Hoffnung, dass ihr auch die Chance dazu haben werdet, findet ihr in diesem Beitrag ein paar Erfahrungen und Tipps meinerseits. Viel Spaß!

15 Sekunden, f/3.5, ISO 6400

Woher weiß ich, wann man Polarlichter sehen kann?

Wenn es nicht gerade überall im Netz zu lesen ist, kann es fast so wirken, als gäbe es in Deutschland kaum sichtbare Polarlichter. In diesem Jahr durfte ich eines besseren belehrt werden. Ich habe seit einiger Zeit die App Polarlicht-Vorhersage auf meinem Handy. Auf der Aktivitätskarte wird in Prozenten angezeigt, wie sichtbar und wahrscheinlich es ist, dass ihr welche sehen bzw. aufnehmen könnt.

Im August durfte ich lernen, dass tatsächlich eine 50-60 prozentige fotografische Wahrscheinlichkeit vollkommen ausreichend ist, um gute Fotos zu machen und mit etwas Glück das Naturspektakel auch mit dem bloßen Auge zu sehen.

Den richtigen Standort wählen

Von Grundprinzip unterscheidet sich die Polarlichtfotografie nicht groß vom normalen Fotografieren. Es ist ein Zusammenspiel aus ISO, Belichtungszeit, Schärfentiefe, Fokus und Weißabgleich. Wobei diese Art der Fotografie – ebenso wie die Sternenfotografie – von beispielsweise der Fotografie am Tag abhebt, ist, dass ihr idealerweise einen Standort möchtet, der möglichst vom Stadtlicht und der dazugehörigen Lichtverschmutzung entfernt ist. Zudem benötigt ihr einen Ort, der im Norden oder Nordosten liegt, da ihr dem Lauf der Sonne folgt.

Hier zwei Standortbeispiele: Das obere Bild ist auf einem abgemähten Feld am Ortsausgang Aschersleben in Richtung Hoym entstanden. Hierfür bin ich am alten Landkreisgebäude bei der Firma Alarm 8 vorbei bis ich bei einem langen Feldweg mit Blick auf die Polarlichter ankam. Zuvor hatte ich an einem Feld am Kaufland fotografiert. Dort war die Parkplatzbeleuchtung jedoch so hell, dass selbst das Feld auf den Bildern geleuchtet hat.

Das untere Bild entstand in der Nacht vom 11. zum 12. Mai 2024 auf der Burg Arnstein. Es handelt sich um ein kleines Dorf in der Nähe von Aschersleben. Von dort aus erkennt man, wie lichtverschmutzt auch kleine Städte sein können. Auf der Borg Arnstein gab es keine störenden Lichtquellen, was das Fotografieren der Polarlichter sehr einfach machte.

10 Sekunden, f/3.5, ISO 6400

Dieser Punkt soll nun nicht heißen, dass ich unbedingt in die entlegensten Orte fahren müsst, um Polarlichter zu fotografieren. Auf Instagram durfte ich im Laufe des Jahres diverse Beiträge aus Halle und anderen größeren Städten sehen, wo Polarlichter gesichtet wurden.

Der richtige Zeitpunkt

Meine Erfahrung ist, dass man zwischen 22:30-01 Uhr die besten Chancen hat, Polarlichter zu fotografieren. Je nach länge des Sonnensturms kann sich das natürlich auch in die länge ziehen.

Wichtig ist, dass es wirklich dunkel ist. Bei dem folgenden Bildausschnitt war es kurz vor 4 Uhr am Morgen. Man konnte die Polarlichter noch wahrnehmen und fotografieren, es wurde aber immer schwieriger, je heller es wurde.

Dementsprechend verwunderte es mich, als ich damals im Mai in einem Web-Artikel las, dass 3-5 Uhr am Morgen eine gute Zeit sei, um dieses Naturphänomen zu fotografieren. Mein Gedanke: Ja, im Winter vielleicht. Wenn es im Mai aber schon gegen 4 Uhr hell wird, stehen – meiner Erfahrung nach – die Chancen für gute, klare Fotos eher schlecht.

4 Sekunden, f/7.1, ISO 6400

Den Fokus einstellen

Als ich mit der Sternenfotografie begonnen habe, hatte ich richtige Probleme, scharfe Bilder hinzukriegen, weil ich mich massiv mit dem Autofokus abgemüht habe. Inzwischen fotografiere ich 99% der Zeit mit dem manuellen Fokus.

Bei Sternen und Polarlichtern den Fokus manuell einzustellen, ist erstmal mühsam. Ich taste mich mit dem Fokusring immer von rechts nach links Stück für Stück bzw. Bild für Bild an ein scharfes Foto ran. Könnt ihr auf eurem Bildschirm oder durch den Sucher Silhouetten ausmachen, ist das ein Vorteil. In diesem Fall ist es euch möglich, den Fokus auf das entfernte Objekt zu setzen.

Solltet ihr mit Blick auf ein Feld fotografieren, auf dem ihr die Lichter einer Stadt oder Windrad-Lichter sehen könnt, dann dreht das Fokusrad so, dass die Lichter wie scharfe Punke aussehen.

10 Sekunden, f/3.5, ISO 6400

Belichtungszeit und ISO

Bei Sternen- und Polarlichtfotografie ist es aufgrund des äußeren Lichtmangels das Verhältnis von ISO und Belichtungszeit zu kennen. Im unteren Bild war die ISO zwar auf ihrem Höchstwert und der Sensor damit am Lichtempfindlichsten, die Belichtungszeit war mit 3 Sekunden aber nicht genügend, um die Polarlichter bei dieser Stärke aufzunehmen.

3 Sekunden, f/3.5, ISO 6400

5 Sekunden, f/3.5, ISO 6400

Nun hat sich hier die Belichtungszeit um nur zwei Sekunden verlängert. Reicht diese kleine Veränderung also aus, um klare und helle Bilder zu haben? Naja, nicht zwangsläufig. Ja, die Bilder werden heller und man sieht mehr. Aber: Polarlichter sind nicht konstant stark. Ihre Sichtbarkeit kann minutenweise variieren.

Als ich mit einer guten Freundin im August Polarlichter gesehen habe (erstes Bild des Beitrags) hatten wir die ersten zehn Minuten mit dem Auge kaum erkennbare Polarlichter und von einer Minute zur nächsten waren sie so stark, dass wir selbst ihre Bewegung mit dem bloßen Auge verfolgen konnten.

Wenn ihr also schon einmal dabei seid, unter dem Sternenhimmel auszuharren, nehmt euch Zeit.

Bildrauschen

Beim Fotografieren von Polarlichtern verhält es sich wie beim Fotografieren in der Dämmerung oder an dunklen Orten – ist die ISO zu hoch, kommt es zum Bildrauschen. Das folgende Bild ist Mitte August im Birkenweg in Aschersleben entstanden. Da ich parallel mit einen befreundeten Paar ein Sternen-Paar-Fotoshooting gemacht habe und die Polarlichter (hinter den Wolken in leichtem pink) kaum zu sehen waren, sollte dieses Foto schnell gehen.

Wie unter dem Bild zu sehen, lag die ISO bei 6400. Hätte ich das Bildrauschen vermeiden wollen, wäre eine ISO von 400 oder 800 mit einer Belichtungszeit von ca. 25-30 Sekunden oder länger (im BULB-Modus) passender gewesen.

Wie ihr hier genauer nachlesen könnt, steigt bei steigendem ISO-Wert (ab 800) auch das Bildrauschen.

2 Sekunden, f/4, ISO 6400

Welcher Weißabgleich für Polarlichter?

In einem der Grundlagentexte habe ich bereits erklärt, worum es sich beim Weißabgleich handelt – in kurz: er reguliert, wie warm oder kalt euer Foto wird. Hier einmal zwei Vergleichfotos.

6 Sekunden, f/3.5, ISO 6400, WB Wolkig

6 Sekunden, f/3.5, ISO 6400, WB Sonnig

Wie ihr erkennen könnt, haben beide Fotos entsprechend ihres Weißabgleichs (WB) eine wärmere oder kältere Farbgebung. Hier müsst ihr euch ausprobieren, was euch am meisten gefällt. Ich tendiere bei meinen Fotos eher den WB Wolkig zu verwenden, weil ich die warmen Farbtöne lieber mag.

Wofür diese beiden Fotos noch repräsentativ sind, ist, dass man vorher checkt, ob der Sensor und die Linse sauber sind. Am linken Rand ist ein dunkler Fleck zu erkennen. Dieser zieht sich leider durch die meisten Fotos, die ich in dieser Nacht gemacht habe, weil ich den Sensor vorher nicht gereinigt habe. Also: Sensor reinigen.

Menschen und Polarlichter

Menschen vor Polarlichtern zu fotografieren und ein sehr gutes Ergebnis zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Die Schwierigkeit sind die Belichtungszeit und das Stillhaltevermögen der Person vor der Linse.

13 Sekunden, f/3.5, ISO 6400

Es ist mehr als offensichtlich, dass ich die 13 Sekunden nicht stillhalten konnte. Daher ist mein versuchtes Herz auch eher ein Diamant geworden. Bei sehr starken Polarlichtern könnt ihr mit etwas Glück die Belichtungszeit so gering halten, dass die fotografierte Person nicht lange ausharren muss.

Aus meiner bisherigen Erfahrung geht das maximal 3 Sekunden gut, bis das Model verwackelt aussieht. Vielleicht habt ihr bei eurer Kamera zusätzlich die Option, die Blende noch weiter als f/3.5 zu öffnen. Dann fällt mehr Licht auf den Sensor und das Bild wird noch ein wenig heller.

Ein kleiner Tipp nebenbei

Nehmt euch im Sommer und Anfang Herbst unbedingt Mückenspray mit. Die kleinen netten Tierchen vermiesen ziemlich schnell den Spaß und die Freude am Fotografieren, wenn man 10 Stück von ihnen im Gesicht und an den Ohren hat.

Weitere Textempfehlungen

Schaut euch gerne über diesen Link weitere Texte zu den Grundlagen der Fotografie an.

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